Bituminöse Anstriche, Abdichtungen, Fugendichtungsmassen und Kleber
Stand der Technik
Bituminöse und teerhaltige Materialien (zur Unterscheidung von Bitumen und Teer: vgl. Bemerkungen ganz unten) enthalten oft Asbest. Dabei handelt es sich z.B. um folgende Materialien:
- Kleber von Parkett
- Kleber von Kork- oder anderen Isolationen (z.B. in Kühlräumen).
- Bitumen- bzw. Teeranstriche als Abdichtung auf Dachterrassen/Flachdächern oder an der Aussenfassade in Kellergeschossen
- Bitumen- bzw. teer-haltige Dilatationsfugen (z.B. zwischen Betonbodenplatten)
- Fassadenelemente (aus Metall) und Lavabos mit bituminöser/teerhaltiger Beschichtung (Antidröhnbeläge)
- Dampfsperren
- Bitumen- bzw. Teerpappen (z.B. als Abdichtung auf Dächern)
- Bitumen- bzw. Teerschweissbahnen
- Gussasphalte
Für bituminöse Anstriche auf Rohrisolationen (z.B. Polyurethan-Schaum) oder direkt auf dem Rohr siehe separates Factsheet.
Für Kleber von Bodenbelägen (Flexplatten) siehe separates Factsheet.
Für Dachfolien mit kartonartiger Unterschicht siehe Hypalon.
Gesundheitsgefährdung
Ohne Bearbeitung
Bindungsart Asbest: Festgebunden.
Gesundheitsgefährdung: Keine. Auch wenn die Materialien beschädigt sind, ist nicht mit einer relevanten Faserfreisetzung zu rechnen.
Mit Bearbeitung
Grundsätzlich geringes Gefahrenpotential, da sich auch beim Bearbeiten kaum Asbestfasern aus der Bitumen- bzw. Teer-Matrix lösen (oranger Bereich). Beim Entfernen von grösseren Mengen der Materialien oder wenn mit einer erhöhten Faserfreisetzung gerechnet werden muss (z.B. bei hohem Asbestgehalt, sprödes Material), muss von einer mittleren Gefährdung ausgegangen werden.
Generell werden für die Entfernung Verfahren mit geringer Staubfreisetzung resp. Staubminderungsmassnahmen empfohlen.
Bei einer Entfernung von bitumen- bzw. teerhaltigen Materialien mit Trockeneis besteht ein hohes Faserfreisetzungspotential (roter Bereich). Aufgrund dieses Umstands ist zu prüfen, ob eine Umsetzung gemäss EKAS-Richtlinie Nr. 6503 möglich ist (staubarmes Arbeiten). Zudem ist bei diesem Verfahren auf das Risiko bzgl. CO2 zu achten.
Diagnostik
Bituminöse bzw. teerhaltige Materialien sind generell als asbestverdächtig einzustufen und vor Bauarbeiten zu beproben. Korkplatten selbst gelten grundsätzlich nicht als asbestverdächtig, es gibt aber Hinweise, dass auch das Bindemittel von Teerkork asbesthaltig sein kann.
Kleber, Fugendichtungsmassen und Anstriche: Rund 5 g des Materials abkratzen. Pro visuell unterscheidbare Anwendung ist mindestens eine Probe zu entnehmen.
Gussasphalte sind mit einer Materialprobe zu untersuchen. Gussasphalte sind oftmals oberflächlich nicht als solche erkennbar und können nur mittels «Sondage» eindeutig erkannt werden.
Dachpappen und Dampfsperren: Idealerweise rund 5 cm2 des Materials. Da es sich um Materialien handelt, die homogen sind, kann die Anzahl Proben gering gehalten werden.
Wichtig: Beim Untersuchen von Flachdächern: Bei alten Gebäuden können mehrere Schichten (sowohl über als auch unter der Isolation) resp. ersetzte Teilbereiche von Abdichtungen vorhanden sein. Das oberflächliche Abkratzen von Bitumen/Teer ist für die Probenahme daher nicht ausreichend. Ist ein Beproben über alle Schichten nicht möglich, zum Beispiel weil die Abdichtung nicht beschädigt werden darf, ist der gesamte Dachaufbau als asbestverdächtig im Bericht aufzunehmen und zu einem späteren Zeitpunkt zu untersuchen (z.B. kurz vor dem Rückbau) oder ein Dachdecker für die entsprechende Instandstellung aufzubieten.
Sanierung/Entfernung
Bituminöse resp. teerhaltige Kleber können durch instruierte Baufachleute gemäss Suva-Factsheet 33049 entfernt werden.
Dachpappen, Dampfsperren, Anstriche und Fugendichtungsmassen können durch instruierte Baufachleute in Analogie zum Suva-Factsheet 33049 entfernt werden.
Da bei einer Entfernung von Gussasphalten mit einer hohen Faserfreisetzung zu rechnen ist, sind entsprechende Arbeiten durch einen Suva-anerkannten Asbestsanierer gemäss EKAS-Richtlinie Nr. 6503 auszuführen.
Entsorgung
Aufgrund des oftmals hohen Anteils an PAK in teerhaltigen Materialien resp. des organischen Anteils (eine Ausnahme existiert hierfür gemäss VVEA lediglich für Ausbauasphalt und somit in gewissen Kantonen auch für Gussasphalt), dürfen die Abfälle unter Umständen nicht in einer Deponie Typ B entsorgt werden. Mangels Alternativen sind entfernte entsprechende Materialien doppelt in Säcke verpackt auf einer Deponie Typ E abzulagern.
Beim BAFU wird z.Z. eine Entsorgung via KVA oder Sonderabfallverbrennungsanlage geprüft. Ein abschliessender Entscheid über den entsprechenden Entsorgungsweg seitens BAFU ist ausstehend.
In der Praxis können asbesthaltige bituminöse resp. teerhaltige Materialien z.T. bereits via Kehrichtverbrennungsanlage entsorgt werden. Gewisse Kehrichtverbrennungsanlagen nehmen aber keine asbesthaltigen Abfälle an. Die Entsorgung ist daher jeweils mit dem Kanton resp. der KVA abzuklären.
Allgemeine Bemerkung: In der Westschweiz gilt die interkantonale Vollzugshilfe «Entsorgung von asbesthaltigen Abfällen» vom Dezember 2016. Für die Deutschschweiz und das Tessin existiert zum jetzigen Zeitpunkt keine vergleichbare Vollzugshilfe. Das BAFU erarbeitet zur Zeit entsprechende Vorgaben (Vollzugshilfe «Entsorgung asbesthaltiger Abfälle» zur VVEA, im Dezember 2019 noch nicht publiziert). Sobald diese Angaben des BAFU vorliegen, werden diese in Polludoc integriert. Bis dahin sind die in der Deutschschweiz in der Praxis gängigen Entsorgungswege und -vorgehen auf Polludoc aufgeführt (keine Berücksichtigung von kantonalen Spezialanforderungen ausser für die Kantone der Romandie). Zudem sind bzgl. Entsorgung auch die Suva-Factsheets 33063 und 33064 zu berücksichtigen. Die Angaben hier sind daher mit Vorsicht zu geniessen.
Bemerkungen
Hinweis: Teer und Bitumen sind optisch sehr ähnlich und wurden zu gleichen Zwecken eingesetzt (früher Teer, heute Bitumen). Oft werden die Begriffe auch synonym verwendet. Teer unterscheidet sich in der Herstellung und chemischen Zusammensetzung jedoch deutlich von Bitumen. Bitumen wird aus Erdöl gewonnen. Teer aus Braun- und Steinkohle. Bitumen enthält, im Gegensatz zu Teer, nur geringe PAK-Gehalte. Bitumen weist auch keinen typischen «Teergeruch» auf. Bei der Bearbeitung und Entsorgung von teer-haltigen Materialien ist daher neben der Gefährdung durch Asbest auch die Gefährdung durch PAK (z.B. durch Freisetzung infolge Hitzeeinwirkung) zu beachten. Ebenso ist der PAK-Gehalt bei der Entsorgung zu beachten (vgl. Kapitel Entsorgung).