Schwermetalle in Farben

Schwermetalle in Farben

Stand der Technik

Das Vorkommen von Schwermetallen in Gebäuden steht vor allem im Zusammenhang mit früher verwendeten Mineralfarben [1]. Anstriche, welche in Gebäuden auf Putzen, Metall- oder Holzoberflä­chen aufgebracht wurden, enthalten neben Binde- und Verdünnungsmitteln als wesentliche Bestand­teile oft (schwermetallhaltige) Pigmente (z.B. Blei, Cadmium, Chrom, Zink oder Quecksilber) [2].

Ohne Bearbeitung

Schwermetallhaltige Farben stellen in gutem Zustand kein Gesundheitsrisiko dar. Wenn ein Anstrich beschädigt ist (abblätternde Farbe), kann er ein Gesundheitsrisiko für die Bewohner darstellen. Der Staub kann sich in der Raumluft verteilen oder die Farbabplatzungen können von Kindern oral aufgenommen werden. In der Regel ist aber ohne Bearbeitung der Anstriche nicht mit einer Personengefährdung zu rechnen.

Mit Bearbeitung

Die Personengefährdung ist abhängig vom Schwermetall, dem Gehalt und dem gewählten Bearbeitungsverfahren zu beurteilen. Eine erhöhte Gefährdung besteht, wenn die Verfahren zu einer starken Staub- oder Hitzeentwicklung führen.

Insbesondere bei der Bearbeitung von Korrosionsschutzanstrichen ist davon auszugehen, dass erhöhte Schadstoffkonzentrationen emittiert werden und ohne Schutzmassnahmen eine Gefährdung für Mensch und Umwelt besteht. Aber auch bei der Bearbeitung von Farben auf mineralischem Untergrund kann eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden.

Anstriche auf mineralischem Untergrund

Schwermetalle in Farben und Beschichtungen auf mineralischem Untergrund müssen gemäss der VVEA-Vollzugshilfe Bauabfälle im Hinblick auf die Entsorgung des Bauteils grundsätzlich nicht untersucht werden. Bei den häufig vorkommenden Schwermetallen Blei (Pb), Kupfer (Cu), Nickel (Ni) und Zink (Zn) kann davon ausgegangen werden, dass bezogen auf das gesamte Bauteil (d.h. Farbe / Beschichtung inkl. Mauerwerk bzw. Bodenplatte) die Grenzwerte nach Anhang 5, Ziffer 2.3 VVEA in Gebäuden in der Regel eingehalten werden. Eine Ermittlung dieser Schadstoffe ist daher im Normalfall nicht verhältnis­mässig.

Wenn jedoch eindeutige Hinweise (beispielsweise aufgrund von Gebäudeunterlagen, Produkte­deklarationen etc.) auf das Vorhandensein von sehr hohen Konzentrationen1 an Schwermetallen in Farben und Beschichtun­gen vorliegen, sind im Hinblick auf die Entsorgung Analysen bzgl. des entsprechenden Verdachts durchzuführen. Ohne offensichtliche Hinweise müssen jedoch keine entsprechenden historischen Abklärungen durchgeführt werden. Für Bleimennige ist auch eine visuelle Klassierung ohne Analyse zulässig. Gewisse Kantone verlangen systematische Analysen von Blei in Anstrichen auch in Wohnhäusern [6].

Der vom Zement herrührende Cr(VI)-Gehalt des Betonabbruchs und von Backsteinen muss gemäss der VVEA-Vollzugshilfe Bauabfälle nicht analysiert werden. Er ist für die Festlegung des Entsorgungsweges nicht zu berücksichtigen, d.h. Betonabbruch und Backsteine können gemäss Art. 20 VVEA resp. Vollzugshilfeteil "Verwertung von mineralischen Bauabfällen" (noch nicht publiziert) verwertet resp. auf einer Deponie Typ B gemäss Anhang 5 Ziffer 2.1 Bst. g. VVEA entsorgt werden (falls keine anderen Schadstoffe vorliegend).

Bei Umbauten kann es vorkommen, dass stark schwermetallhaltige Anstriche abgeschliffen werden. Deshalb ist eine systematische Analyse von Anstrichen insbesondere bzgl. Blei in einigen Kantonen vorgegeben [6]. In den meisten Kantonen sind jedoch keine entsprechenden Untersuchungen vorgegeben und werden in der Praxis nur sehr selten durchgeführt. Beim Abschleifen von Farben sind aber auch unabhängig von Analysen in jedem Fall die grundlegenden Schutzmassnahmen bei stauberzeugenden Tätigkeiten zu treffen (vgl. auch Abschnitt Sanierung).

1 Wenn man davon ausgehen muss, dass das Bauteil (Farbe inkl. mineralischer Fraktion) die Grenzwerte nach Anhang 5 Ziffer 2.3 VVEA (Deponie Typ B) nicht einhält.

Beschichtungen auf Metallen

Schwermetallgehalte auf metallischen Bauteilen im Gebäudeinnern (z.B. Stahlträger) müssen im Hinblick auf eine Entsorgung im Stahlwerk nicht auf Schwermetalle untersucht werden.

Sollten entsprechende Anstriche allerdings bearbeitet werden, so ist darauf hinzuweisen, dass entsprechende Anstriche in der Regel hohe Gehalte an Schwermetallen (und teilweise Asbest resp. PCB) enthalten.

Die typisch orange­farbige Bleimennige sowie die typische graue Zinkstaubfarbe auf metallischen Bauteilen können in der Regel ohne Analyse fachlich beurteilt werden.

Im Falle eines geplanten Oberflächenabtrags von Beschichtungen auf metallischen Bauteilen / Anla­gen im Freien sind diese gemäss dem jeweiligen kantonalen Meldeformular bzgl. Korrosions­schutzarbeiten an Objekten im Freien und den Empfehlungen des Cercl’Air [4] zu untersuchen.

Anstriche auf Holz

Je nach Entsorgungsweg sind Schwermetalle in allfälligen Holzanstrichen zu untersuchen (vgl. Factsheet Holzschutzmittel). Auch vor einer Bearbeitung wird empfohlen, Anstriche auf Holz auf Schwermetalle zu untersuchen.

Analyse

Schwermetalle werden in der Regel mithilfe optischer Emissionsspektrometrie mit induktiv gekoppel­tem Plasma (ICP-OES) analysiert. Vorgängig dazu werden die Schwermetalle mit einem Säureaufschluss aus der Farbprobe gelöst. Alternative Messprinzipien sind die Massenspektrometrie gekoppelt mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-MS) und die semiquantitative Analyse mit Röntgenfluoreszenzspektroskopie (XRF).

ANSTRICH ENTFERNEN ODER NICHT?

a. Auf mineralischem Untergrund

Schwermetalle in Farben und Beschichtungen auf mineralischem Untergrund können im Rahmen ei­nes Um-/Rückbaus vorgängig entfernt werden (Entsorgung des entfernten Anstrichs als Sonderabfall über ein bewilligtes Unternehmen). Eine Entfernung der Farben und Beschichtungen ist bei einer Entsorgung des ganzen Bauteils (Mauerwerk, Bodenplatte) aber nicht in jedem Fall zwingend:

Die Konzentration an Schwermetallen in Farben / Beschichtungen kann gemäss VVEA-Vollzugshilfe auf das gesamte Bauteil hochgerechnet werden und die Entsorgung des gesamten Bauteils (inkl. Farbanstrich/Beschichtung) gemäss den entsprechenden Werten festgelegt werden (Verwertung des Bauteils unter Einhaltung der Grenzwerte nach Anhang 3 Ziffer 2 VVEA resp. Ablagerung des Bauteils unter Einhaltung der Grenzwerte nach Anhang 5 VVEA).

Wenn die Schadstoffgehalte bezogen auf das ganze Bauteil die Grenzwerte für eine Ablagerung auf einer Deponie Typ E übersteigen, ist das ganze Bauteil ein Sonderabfall. In diesem Fall ist eine Behandlung, d.h. eine Abtrennung der schadstoffhaltigen Schicht zwingend.

Ein Merkblatt zur Berechnung des Schadstoffgehalts eines Bauteils mit schadstoffhaltigem Anstrich wurde von der Polludoc-Arbeitsgruppe erarbeitet (Version 16.04.2024).

Empfehlung: Auch bei Farbanstrichen, in welchen die Schwermetallgehalte hochgerechnet auf die ganze Wand / Boden­platte den Grenzwert für den Deponietyp B gemäss VVEA Anhang 5, Ziffer 2.3 überschreiten, lohnt sich erfahrungsgemäss eine gesonderte Entfernung des Anstrichs vor dem Rückbau aus ökonomischer Sicht, da dadurch das darunter folgende Rückbaumaterial nicht als belastet entsorgt werden muss. Die entsprechenden technischen und kostenmässigen Abklärungen sind im Einzelfall zu treffen.

b) Auf metallischem Untergrund

Schwermetalle in Farben und Beschichtungen auf metallischem Untergrund müssen vor einem Rück­bau des Materials aus Entsorgungs-Sicht nicht entfernt werden. Das entsprechende Material kann ohne Schwermetall-Analysen via Schrotthandel im Stahl­werk entsorgt werden (allerdings sind für grössere Metallteile Untersuchungen auf PCB zwingend, vgl. Faktenblatt PCB-haltige Anstriche).

Bei einer Entfernung der Farbe ist der entfernte Anstrich als Sonderabfall über ein bewilligtes Unternehmen zu entsorgen. Je nach Verfahren für den Farbabtrag sind unterschiedliche LVA-Codes anzuwenden:

  • Fräsen / Ablaugen: 17 04 09 S
  • Strahlen: 12 01 16 S

SCHUTZMASSNAHMEN BEI ENTFERNUNG

Bei der Entfer­nung von Bauteilen / Materialien resp. Anstrichen mit erhöhten Schwermetall-Gehalten sind den Schadstoffgehalten und dem Verfahren angepasste Arbeits- und Gesundheitsschutz­massnahmen zu beachten (persönliche Schutzausrüstung, organisatorische und technische Schutzmassnahmen). So ist z.B. bei einer Bearbeitung von Bleimennige (stark bleihaltige Farbe) darauf zu achten, dass nicht nur geeignete Massnahmen gegen Staub, sondern auch gegen anorganische Dämpfe getroffen werden (entsprechende Atemschutzfilter und aktive Be-/Entlüftung des Raums inkl. Abluftreinigung).

Eine Verschleppung der abgetragenen Anstriche in die Umwelt ist mit geeigneten Massnahmen zu verhindern. Dies beinhaltet die räumliche Trennung resp. Einhausung, Unterdruckhaltung und Abluftreinigung bzw. beim Einsatz von Wasserhochdruck eine Auffangvorrichtung für das Wasser und dessen Aufbereitung, sodass die Ein­leitbedingungen in die Kanalisation erfüllt sind.

Ein Oberflächenabtrag von Beschichtungen auf metallischen Bauteilen / Anla­gen im Freien hat gemäss [3], [4] resp. [5] zu erfolgen (z.B. Abschottung und aktive Entlüftung über Staubfilter).

Oftmals werden Stahlträger oder andere metallische Materialien auf der Baustelle «gecrusht», d.h. die entsprechenden Materialien werden vor Ort mittels hydraulischer Schere gebogen resp. getrennt, so dass die entsprechenden Teile in einer Mulde deponiert werden können. Dieser Vorgang ist in der Regel mit Farbabplatzungen verbunden. Es ist darauf zu achten, dass die Farbabplatzungen aufgefangen und fachgerecht entsorgt werden können (z.B. auf einem ein­fach täglich zu reinigendem Platz und nicht über sauberem Rückbau-/Untergrundmaterial).

Die arbeitsschutztechnischen Vorgaben seitens Suva stehen noch aus.

Bei einer Entfernung der Farbe ist der entfernte Anstrich als Sonderabfall über ein bewilligtes Unternehmen zu entsorgen. Je nach Verfahren für den Farbabtrag sind unterschiedliche Abfallcodes anzuwenden:

  • Fräsen / Ablaugen: 17 04 09 S
  • Strahlen: 12 01 16 S

Quellen:

[1] ZWIENER / LANGE, Handbuch, Gebäude-Schadstoffe und Gesunde Innenraumluft, ESV Erich Schmidt Verlag.

[2] Bayrisches Landesamt für Umweltschutz, Factsheet Nr. 515 «Schwermetalle», Stand März 2004.

[3] Umweltschutz bei Korrosionsschutzarbeiten. Planungsgrundlagen, BUWAL, 2004

[4] Cercl'Air-Empfehlung Nr. 30, Version 12. September 2014, Umweltschutzmassnahmen bei der Instandhaltung des Korrosionsschutzes von Stahltragwerken der Elektrizitäts­übertragung

[5] Checkliste Korrosionsschutz-Arbeiten an Objekten im Freien, Suva-Bestell-Nr. 67165

[6] Directive - Diagnostic plomb avant travaux, Version 2, Januar 2021

17 Apr. 2024