Liegestäube
Draft. For public consultation

Liegestäube sind optisch sichtbare Stäube, die sich auf Oberflächen ansammeln. Sie werden auch als «abgelagerte Faserstäube» bezeichnet. Neben Liegestäuben umfasst das Factsheet auch die mess­technisch erfassbaren, unsichtbaren Staubspuren.

Ohne Bearbeitung

Asbesthaltige Liegestäube enthalten neben lungengängigen Asbestfasern (LAF) auch gröbere, nicht lungengängige Strukturen (Faserbündel, Fasercluster, Fasermatrix). Der Anteil gröberer Strukturen ist in Liegestäuben höher als in der Raumluft. Doch sind Raumluft und Oberflächen nicht getrennte Kompartimente: In Innenräumen interagieren Liegestäube und luftgetragene Stäube miteinander. So können sich Partikel und Fasern aus der Raumluft in Form von Liegestäuben oder unsichtbaren Staub­spuren auf Oberflächen niederschlagen. Umgekehrt werden Liegestäube bei Arbeiten, durch die Nutzung von Räumen oder als Folge von Luftströmungen aufgewirbelt und werden somit luft­getragen. Auf diese Weise tragen LAF im aufgewirbelten Staub zur Raumluftbelastung mit Asbest bei und können beim Einatmen die Gesundheit der sich im Raum aufhaltenden Personen gefährden.

Raumluftmessungen erlauben die Bewertung der momentanen Gesundheitsrisiken in einem Raum, weil sie die Konzentration von LAF bestimmen, die direkt eingeatmet werden können. In Kombination mit der Nutzungssimulation schliesst die Raumluftmessung die potenzielle Gefährdung durch asbesthaltige Liegestäube mit ein, da diese (falls vorhanden) zu Beginn der Messung gezielt aufgewirbelt werden.

Im Gegensatz dazu kann von der Analyse von LAF in Liegestäuben nicht quantitativ auf Gesundheitsrisiken geschlossen werden. Vielmehr lässt sich nur das Potential einer Gesundheits­gefährdung für die Raumnutzer grob abschätzen. Damit es tatsächlich zu einer Gesundheits­gefährdung kommt, müssen Anteile der Liegestäube zuerst in die Raum- bzw. Atemluft gelangen.

Weitere Details zu den unterschiedlichen Anwendungszwecken von Raumluftmessungen und Liegestaub-Proben sind im folgenden Abschnitt Diagnostik enthalten.

Asbesthaltige Liegestäube bzw. Staubspuren sind typischerweise an folgenden Orten anzutreffen und zu überprüfen:

  • In Gebäuden, in welchen ehemals Asbest verarbeitet wurde (z.B. auf Hallenträgern und Kranbahnen)
  • In Gebäuden mit Spritzasbestbelägen (z.B. im Bereich verdeckter Spritzasbestanwendungen aus der Erstellungszeit wie unter Verputzen und in/unter Unterlagsböden)
  • In der Umgebung asbesthaltiger Bauteile, in die beim Einbau gebohrt oder gefräst wurde oder an welchen nachträglich Schäden aufgetreten sind
  • An Orten, an welchen Asbestsanierungen stattgefunden haben (z.B. auf porösen Oberflächen im Bereich von Sanierungszonen)
Beproben

Arten von Staubproben

Die Richtlinie VDI 3877 und die Norm ISO 16000-27 beschreiben anerkannte Verfahren für die Probenahme sowie die Analyse und Bewertung asbesthaltiger Liegestäube und Staubspuren. Zur Probenahme wird ein Kontaktmedium mit adhäsiver Oberfläche (z.B. ein Klebeband oder Kohlenstoff-Pad) auf die zu beprobende Stelle gedrückt (sogenannte "Kontaktprobe" bzw. "Stempelprobe"). Der Staub bleibt haften und die Probe wird anschliessend im Labor meist mittels REM/EDXA (Rasterelektronenmikroskopie/energiedispersive Röntgenanalyse) untersucht.

In Spezialfällen werden Wisch- bzw. Materialproben genommen, wobei situationsbedingt beprobt und bewertet werden muss. Der Nachteil von Wischproben ist die Tatsache, dass kein Flächenbezug besteht und es keine Standardverfahren für eine Bewertung gibt. Wischproben fallen nicht unter die VDI-Richtlinie 3877 bzw. die ISO-Norm 16000-27.

Auch die Aussagekraft der Resultate von Kontaktprobenanalysen ist limitiert. Kontaktproben repräsentieren zwar eine umrissene Oberfläche, aber eine äusserst winzige. Damit für das jeweilige Messziel überhaupt Schlussfolgerungen möglich sind, braucht es eine sorgfältige Messplanung.

Sollen Bauschutt, aber auch Staubniederschläge und Schuttansammlungen nach Bränden oder Explosionen auf Asbestgehalte untersucht werden, kommen weitere Verfahren für die Proben­aufbereitung und deren Analyse zur Anwendung (z.B. VDI-Richtlinie 3876:2018-11)

Eignung und Interpretation von Staubproben

Messungen von abgelagerten asbesthaltigen Faserstäuben (Liegestäube oder Staubspuren) eignen sich für den Nachweis von Asbestfaserkontaminationen z.B. nach unsachgemässem Umgang mit asbesthaltigen Materialien (vgl. VDI-Richtlinie 3877 und Norm ISO 16000-27). Zudem können die Messungen über den Erfolg der Reinigung von Oberflächen oder über Emissionsquellen Auskunft geben. Kontaminierte Bereiche können eruiert, respektive eingegrenzt und Altkontaminationen ausgeschlossen werden.

Die Analyse erlaubt die Zuordnung zu bestimmten Substanzklassen (Chrysotil, Amphibolasbeste, Calciumsulfat (Gips), sonstige anorganische Fasern). Ferner lassen sich Kontaktproben semi­quantitativ auswerten (vier Kategorien von «keine Fasern nachgewiesen» bis «Oberfläche stark mit Fasern belastet»). Davon leitet die VDI-Richtlinie 3877 (oder die Norm ISO 16000-27) die Wahr­scheinlich­keit einer Raumluftbelastung bei niedriger, mittlerer und hoher Aktivität ab und gibt je nach Messaufgabe Handlungsempfehlungen. Bei stark mit Asbestfasern belasteten Oberflächen werden z.B. Massnahmen wie Raumluftmessungen, Sperrung/Nutzungsbeschränkung oder Reinigungsmassnahmen empfohlen.

Einsatz von Staubproben bei der Zonenfreigabe

Um Sanierungszonen aufheben zu können, müssen gemäss EKAS-Richtlinie 6503 die visuellen Kontrollen und Raumluftmessungen den Anforderungen entsprechen. Damit sind die Gesundheits­risiken im Zonenbereich minimiert; zusätzliche Kontaktproben sind nicht erforderlich.

Werden in einer Sanierungszone dennoch zusätzlich Kontaktproben genommen und analysiert, ist folgendes zu beachten:

  • Es soll gemäss der Richtlinie VDI 3877 oder der Norm ISO 16000-27 vorgegangen werden. Von der festgelegten Anzahl Proben pro Raum bzw. Fläche kann dabei situativ sowohl nach oben als auch unten abgewichen werden.
  • Im Bereich von 1’000 LAF/m3 ist mit einzelnen positiven Kontaktproben zu rechnen.
  • Die Analyseresultate von Kontaktproben korrelieren nicht mit den LAF-Konzentrationen von Raumluftmessungen, die für die Bewertung von Gesundheitsrisiken ausschlaggebend sind.

Die Entfernung von asbesthaltigen Liegestäuben hat in einer Sanierungszone gemäss EKAS-Richtlinie Nr. 6503 zu erfolgen. Es ist ein Konzept zu erstellen, welches u.a. die Verschleppung von Stäuben und die Schutz­massnahmen für den Unternehmer beim Zonenbau behandelt.

Deponie Typ E

Allgemeine Bemerkung: In der Westschweiz gilt die interkantonale Vollzugshilfe «Entsorgung von asbesthaltigen Abfällen» vom Dezember 2016. Für die Deutschschweiz und das Tessin existiert zum jetzigen Zeitpunkt keine vergleichbare Vollzugshilfe. Das BAFU erarbeitet zur Zeit entsprechende Vorgaben (Vollzugshilfe «Entsorgung asbesthaltiger Abfälle» zur VVEA). Sobald diese Angaben des BAFU vorliegen, werden diese in Polludoc integriert. Bis dahin sind die in der Deutschschweiz in der Praxis gängigen Entsorgungswege und -vorgehen auf Polludoc aufgeführt (keine Berücksichtigung von kantonalen Spezialanforderungen ausser für die Kantone der Romandie). Zudem sind bzgl. Entsorgung auch die Suva-Factsheets 33063 und 33064 zu berücksichtigen. Die Angaben hier sind daher mit Vorsicht zu geniessen.

Der Inhalt des vorliegenden Factsheets wurde (mit kleinen redaktionellen Anpassungen) dem entsprechenden Kapitel aus dem FACH-Leitfaden 2955, "Asbestsanierungen, Visuelle Kontrollen und Raumluftmessungen" entnommen.

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